Die Geschichte des ehemaligen Gutshauses Pitschen

Gleich vis-a-vis der hübschen und kulturhistorisch bedeutsamen Kirche von Pitschen liegt das ehemalige Gutshaus Pitschen. Der spätbarocke Putzbau mit imposantem Krüppelwalmdach wurde im 18. Jahrhundert, damals im Besitz derer von Maltitz, erbaut. Die Gutsherrschaft Pitschen mit zeitweise über 600 ha Land ist aber älter und geht zumindest auf das Jahr 1527 zurück, als die Brüder Dietrich und Hans von Stauchwitz das Dorf Pitschen samt Kirchlehn kauften. Pitschen hatte übrigens im 16. Jahrhundert als "Ritterdienst" ein Schützenpferd zu stellen. Die nachfolgenden adligen Besitzer wechselten wie bei vielen anderen Rittergütern der Niederlausitz oft.

Im Jahr 1836 erwarb Oberamtmann Ludwig Schlesinger das Gut. Dieser gestaltete das Haus in klassizistischer Weise um. Teile der Putzfassade sind aus dieser Zeit noch erhalten. Das Gut Pitschen ging damit eine enge Verbindung mit dem Schloss Uckro (zerst. 1945) ein, dem Hauptsitz der Familie Schlesinger. Pitschen wurde Sitz des Verwalters. Als Rittergutsbesitzer wurde Ludwig Schlesinger 1865 nobilitiert und so in den preußischen Adelsstand erhoben. Seitdem hieß die Familie "von Uckro". Sie blieb bis zur Enteignung 1945 Eigentümerin des Gutes.

Nach 1945 diente das Gutshaus als Unterkunft für Vertriebene und war zu DDR-Zeiten zunächst ein Mietshaus, später mit Konsum und Kindergarten. Die Gemeinde veräußerte das Haus im Jahr 2002 an eine private GbR, die es 2018 wieder verkaufte.

Literatur

  • Houwald, Götz von: Die Niederlausitzer Rittergüter und ihre Besitzer, Bd. 5: Kreis Luckau (1997)
  • Reisinger, Ingrid u. Walter: Bekannte, unbekannte und vergessene Herren- und Gutshäuser im Land Brandenburg, Berlin (2013)

GESCHICHTEN AUS PITSCHEN

Postkartenmotiv aus Pitschen um 1900 mit Abbildung des damaligen Gutshauses, das sogenannte "Schloss" (von der Hofseite aus betrachtet), sowie des Gasthofes (damals Bödig, heute Görlich) und der Kirche.

(Fotoreproduktion: Bach)

Sohn des Gutsherrn sorgt 1729 für Tumult in der Kirche

Im 17. Jahrhundert (seit 1629) war die Gutsherrschaft Pitschen im Besitz der mächtigen Familie von Stutterheim. Sie übernahm damit auch das Patronat über die Kirche. Nachdem die Kirche am 22. August 1675 einem Feuer zum Opfer fiel, ließ Christian v. Stutterheim diese umbauen. Dabei stiftete er auch eine neue Glocke mit seinem Wappen und seine Schwester Margarethe sorgte für einen neuen Altar. Die Inschriften der Stutterheims und ihre Patronatsloge sind bis heute erhalten. Im Januar 1729 löste allerdings der Sohn des damaligen Besitzers Heinrich v. Stutterheim, Cuno Christian, in der Kirche einen großen Tumult aus. Die Chronik des damaligen Pfarrers Franz Gottfried Curdes berichtet uns davon: "1729 den 26. Januar ist Sebastian Gebhardi [ehem. Pfarrer von Pitschen] entschlafen (...) nachdem er 12 Tage vorher einen Schreck in der Kirchen gehabt, als der Kirchenpatroni ältester Sohn als Lieutnant einen Knecht aus der Kirchen genommen und beym Tumult den Schulmeister in der Kirchen gestoßen worden und einen gefährlichen Fall gethan; wie er selbst bis an sein Ende diesem Schuld gegeben.
1729 den 23. Juny ist die Übergabe des Guthes Pitzschen an F. den Herrn von Oppen Königl. Preuß. und Chrurfürstl. brandenb. Ambtshauptmann geschehen, nachdem derselbe 8 Tage vorhero angezogen. Wie aber sein voriger Herr Patron tit. Herr Heinr. v. Sutterheim wegen Einberichtung des Kirchentumults von seinem Herrn Sohn excitiert, nicht nur vom Beichtstuhl u. Abendmahl vor seiner Person geblieben, sondern auch ohne genommenen und erlaubten Abschied in der Johannis Nacht abgereiset. Also lasse der Herr des Friedens mit dem jetzigen Herrn Patron mich in Friede u. Einigkeit leben um des Friedefürstens willen. Amen."

Einen Knecht aus dem Gottesdienst holen und dabei auch noch den Schulmeister schwer verletzen, so etwas durfte sich keiner erlauben, auch nicht der Sohn des Gutsherrn. Und da waren sie weg, der Sohn und sein Vater Heinrich v. Stutterheim (dieser kaufte 1730 das Gut Döbern).
Quellen:
Zitat nach Mitteilung der Chronik durch Herrn W.-E. Schenck, Pfr. i. R., mit großem Dank
Houwald, Götz von: Die Niederlausitzer Rittergüter und ihre Besitzer, Bd. 5: Kreis Luckau (1997)

Friedrich der Große unterstützt Belehnung mit Gut Pitschen

1729 erwarb - nach dem oben beschriebenen Kirchentumult - Oberamtmann Friedrich Erdmann von Oppen (damals verehelicht mit Katharina von Stutterheim) das Gut Pitschen für 24.000 Thaler. Als dieser 1744 starb, bewarb sich ein Vetter, der preußische Major Ludwig Clamor Friedrich von Oppen, um das hoch verschuldete Gut. Allerdings drohte sein Anliegen wegen zuvor begangener Lehnsfehler unter Verlust des Gutes zu scheitern. In dieser Situation setzte sich kein Geringerer als der preußische König Friedrich II. mit einem Brief an den Kurfürsten von Sachsen, der als August III. auch König von Polen war, für seinen Major ein! Friedrich bat den Kurfürsten darum, dem Offizier wegen der Lehnsfehler "selbige genereusest zu pardoniren und obgedachter Regierung [Pitschen gehörte zu Kursachsen] anbefehlen, dass sie ihn mit diesem Gute investiren solle (...)". Der preußische König begründete dies damit, dass sein Offizier wegen der vielen Kriegsdienste außerhalb der Niederlausitz gewesen wäre und deswegen hätte dieser die finanziellen Schwierigkeiten des Gutes nicht "mit einer genauen Exactitude"  berücksichtigen können.

Der Einsatz des Königs hatte sich gelohnt: Major von Oppen wurde 1747 von der kursächsischen Regierung zur Ableistung der Lehnspflicht auf Gut Pitschen zugelassen. Der hohe Schuldendienst an die Gläubiger blieb aber problematisch, auch wenn weitere Auseinandersetzungen gütlich geregelt wurden. Bereits 1750 verkaufte von Oppen das Gut weiter an den Landesrichter Siegmund Seyfried von Rex auf Uckro, Pickel und Paserin. Der Kaufpreis betrug 24.500 Thaler und 100 Dukaten Schlüsselgeld.

Letzterer veräußerte das Gut 1764 für 27.5oo Thaler an Friedrich Ludwig von Maltitz (verehelicht mit Eva Sabine von Oppen, der Tochter des früheren Besitzers Friedrich Erdmann von Oppen), der es bereits zuvor pachtete. Es war vermutlich dieser von Maltitz, der das neue Gutshaus in dem noch heute sichtbaren spätbarocken Stil baute.
Quelle: Houwald, Götz von: Die Niederlausitzer Rittergüter und ihre Besitzer, Bd. 5: Kreis Luckau (1997)

 

Anzeige eines Pferdediebstahls

Für das Jahr 1816 gibt eine Anzeige in der Leipziger Zeitung einen Diebstahl von Pferden aus dem Gut Pitschen bekannt:

 

In der Nacht vom 26sten zum 27sten d. M. sind zwey Pferde aus dem Stalle des Gasthofes zu Baronsdorf, im Amtsbezirke Schweinitz gelegen, entwendet worden, welche der Frau Amtshauptmännin von Strobschütz, Besitzerin des untenbemerkten Rittergutes Pitschen, gehören. Die Pferde sind als helle Rothschimmel sehr kenntlich, haben Abzeichnungen, sind von Geschlecht Wallachen, 14 bis 14 Jahre alt und ohngefähr 14 Viertel hoch. Es wird hierdurch jedermann vor dem Ankauf dieser Pferde gewarnt, und zugleich demjenigen eine verhältnißmäßige Belohnung zugesichert, der den Aufbewahrungsort derselben nachweisen vermag.                                       Pitschen, bey Luckau in der Niederlausitz, den 29. Febr. 1816

                                                                                                Reilwagen, Verwalter

 

Ob die Dame ihre zwei Pferde jemals wiedersehen konnte? Wir wissen es nicht.

Frau Johanna Charlotte Elisabeth von Strobschütz war eine geborene von Raschkau. Ihr 1813 verstorbener Mann war Amtsmann Philipp Gottlob August von Strobschütz. Dieser erwarb das Gut 1796 für 50.000 Thaler von Hans Friedrich von Raschkau, dem Bruder seiner Frau. (An dessen Vater Hans Dietrich von Raschlau hatte einst - 1777 - Friedrich Ludwig von Maltitz das Gut Pitschen verkauft.)

Die Witwe von Strobschütz musste also die Bewirtschaftung ab 1813 "alleine" führen. 1835 wurde das Gut, das gerichtlich auf 52.168 Reichsthaler, 6 Silbergroschen und 12 Pfennige geschätzt wurde, wieder zum Kauf angeboten. Schließlich erwarb Oberamtmann Wilhelm Ludwig Anton Schlesinger auf Uckro, Pickel und Paserin im Jahr 1836 das Rittergut Pitschen zum Preis von 38.850 Thalern. Letzterer gestaltete das spätbarocke Gutshaus in klassizistischer Weise um.

Quellen:

Leipziger Zeitung, den 9. März 1816

Offentliche Beilage zum Amtsblatt Nr. 19 der Regierung Frankfurt, den 13, Mai 1835

Houwald, Götz von: Die Niederlausitzer Rittergüter und ihre Besitzer, Bd. 5: Kreis Luckau (1997)